Teuerung, Rezession, wachsende Ungleichverteilung und Armut: Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen gewinnt die Care-Krise zusätzlich an Schärfe. Mit welchen Maßnahmen könnte bei den bevorstehenden Budgetverhandlungen wirksam gegengesteuert werden? Wie sieht eine Budget- und Finanzpolitik aus, die Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit anstrebt und existentiell notwendige Care-Leistungen in ausreichendem Maß und für alle sichert?
10-Punkteplan im Überblick:
- Leistungsträger*innen anerkennen und ihre Arbeit honorieren
- Dem Wirtschaftsabschwung gezielt und wirkungsvoll durch eine Care-Investitionsoffensive in Bildung, Pflege und Geschlechtergerechtigkeit entgegensteuern
- Investitionsoffensive für Elementarbildung/Kindergärten und Schulen
- Ausbildungsoffensive für hoch qualifiziertes Pflegepersonal jetzt
- Investitionen in Mobile Pflege und Pflegeinfrastrukturen – Tatsächliche Entlastung der betreuenden Angehörigen
- Ausgleich für die am stärksten von der Teuerung Betroffenen & Armut, vor allem Kinderarmut, abschaffen
- Gewalt an Frauen wirksam verringern
- Investitionen in Friedenspolitik statt Verschwendung bei Waffen und Panzern
- Geld ist in Fülle da: faire Besteuerung
- Mitgestaltung und Mitbestimmung der Leistungsträger*innen sicherstellen
Plan für eine Investitionsoffensive in Care und Geschlechtergerechtigkeit als Weg aus der Rezession: Mit einer Care-Investitionsoffensive die Rezession wirksam bekämpfen und das „Brutto-Care-Produkt“ steigern
Liebe Menschen in ganz Österreich, die ihr täglich Großartiges leistet, um für andere zu sorgen und unser Land am Laufen zu halten – diese Budgetrede ist euch gewidmet!
Sehr geehrte Abgeordnete!
Sie haben mit dem Budget 2024 eine neue Chance, Versäumnisse der Vergangenheit aus dem Weg zu räumen. Wagen Sie die Trendwende, wagen Sie es, den Versäumnissen der Regierung die Stirn zu bieten und eine zukunftsorientierte Budgetpolitik einzuschlagen. Sie haben die Hoheit über das Budget. Die Beiträge zum Staatshaushalt stammen von allen in Österreich lebenden Menschen und die unbezahlten Leistungen von Frauen sind ebenfalls ein wesentlicher Beitrag. Nehmen Sie Ihre Verantwortung für unser aller Budget wahr!
Die großen Herausforderungen sind bekannt: die sich täglich verschärfende Care-Krise, wir steuern auf den Care-Kollaps zu. Die Klimakrise verschärft sich und das gesamte Ökosystems ist völlig aus dem Gleichgewicht. Die Geschlechterungerechtigkeiten sind enorm, Frauen wird der Großteil der Arbeit aufgebürdet und sie werden dafür nicht oder nur beschämend niedrig bezahlt. Viele Frauen und Kinder werden bewusst in der Armutsfalle eingeklemmt. Armutsgefährdung steigt, insbesondere unter Frauen und Kindern. Gewalt gegen Frauen nimmt in Österreich erschreckende Ausmaße an.
Wir alle kennen all diese Herausforderungen, aber die Regierung ignoriert vieles davon.
Zunehmend lassen sich Frauen und Care Arbeitende diese eklatante Vernachlässigung nicht mehr gefallen. Die Proteste mehren sich, immer mehr Beschäftigte aus den Bereichen Elementarbildung, Schule, Gesundheit und Pflege gehen auf die Straße und drücken ihre Proteste gegen die unhaltbare Situation und Unterfinanzierung lautstark aus. Die Regierung meint, mit scheinbar großen Versprechungen diese erstarkte Bewegung stoppen zu können. Allzu rasch allerdings zeigen sich die Versäumnisse der Regierung und die falschen Versprechungen. Die im Jahr 2022 angekündigte Kindergartenmilliarde entpuppte sich als zusätzliche 57,5 Mio. Euro pro Jahr. Die im Sommer 2023 vollmundig vom Kanzler angekündigte Schaffung von zusätzlichen 50.000 Kinderbetreuungsplätzen ist einerseits zu wenig um den Rückstand aufzuholen, andererseits ist die angekündigte Finanzierung mit 640 Mio. pro Jahr zu gering angesetzt und nicht einmal das ist gesichert. Schon viel zu lange wird extrem viel zu wenig in die Elementare Bildung – die immer noch zu oft als reine Betreuung tituliert wird, was die vermittelte Inkompetenz verstärkt – investiert.
Während das Budget 2024 zarte Schwerpunkte in Richtung ökologische Lösungen setzt, auch hier wäre noch viel mehr zu tun, gibt’s in Sachen Care-Krise und Geschlechterungerechtigkeiten keine adäquaten Lösungen im Budgetentwurf 2024.
Sie, sehr geehrte Abgeordnete können jetzt handeln und die Schwerpunkte im Budget richtig setzen. Wir geben Ihnen ein 10-Punkte Programm an die Hand, anhand dessen Sie den Budgetentwurf der Regierung prüfen und korrigieren können.
1. Leistungsträger*innen anerkennen und ihre Arbeit honorieren
Leistungsträger*innen sind jene, die das Leben und das Land am Laufen halten. Das sind vor allem Frauen, die unterbezahlt oder unbezahlt unter widrigsten Umständen täglich Höchstleistungen erbringen und trotzdem von der Regierung kleingemacht und weiter überlastet werden.
Es ist kein Zufall, dass die Regierung die Zeitverwendungsstudie zurückhält. Die neuesten Informationen über die unbezahlten und bezahlten Leistungen von Frauen liegen gut verschlossen in der Schublade der sogenannten Frauenministerin. Wohl, weil sie zeigen, wer die Leistung im Land erbringt. Und weil sie vermutlich zeigen, dass die Ungerechtigkeiten weiter steigen. Es wäre an der Zeit, anstelle des BIP, das für Umwelt und Menschen schädliche Produkte und Leistungen enthält, das „Brutto-Care-Produkt“ zu entwickeln. Das „Brutto-Care-Produkt“ kann die Wirtschaftsleistung messen, die mit bezahlter und unbezahlter Arbeit das Wohlergehen von Menschen verbessert.
Der Kanzler macht mokiert sich über die Leistungsträger*innen. Er äußert sein Missfallen über Frauen, die den Spagat zwischen emotionaler Stärkung, Bildung und Begleitung ihrer Kinder, Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger und Erwerbsarbeit sowie Haus- und Familienarbeit jeden Tag aufs Neue bravourös schaffen. Die tagtäglich unglaubliche Leistungen stemmen. Und das trotz eines Systems, dass sie in Stich lässt.
Nur als Beispiel: Trotz fehlenden Kinderbetreuungsplätzen, vor allem Plätze die mit Vollzeit vereinbar sind fehlen. Außerhalb von Wien ist nur jeder fünfte Kindergartenplatz mit Vollzeit vereinbar, in Oberösterreich gar nur jeder 7. Platz (14,9%). 40% der Frauen geben an, aufgrund von Kinderbetreuung nur Teilzeit arbeiten zu können. Die Versäumnisse der Regierung sind bekannt.
Der Kanzler will Kinder aus Familien die jeden Cent umdrehen müssen, mit ungesundem Essen krank machen und damit ihre Lebenschancen drastisch verringern. Welch ein Hohn. Wir wissen, dass es die Kanzlerpartei ist, die seit Jahren, ja seit Jahrzehnten gute Lösungen blockiert.
Ein wesentlicher Puzzlestein, der vernachlässigt wird, ist die Bereitstellung von Infrastruktur in der Bildung, vor allem der Elementarbildung und in der Betreuung und Pflege. Zu selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass Frauen im privaten Umfeld diese Arbeiten schultern. Seit der Corona-Krise hat sich diese Selbstverständlichkeit, dass Frauen diese unbezahlte Arbeit leisten, noch verstärkt. Mit mehr öffentlichen Leistungen und guten Arbeitsplätzen in Elementarpädagogik, Pflege und wirkungsvollem Gewaltschutz werden Frauen entlastet, können mehr Erwerbsarbeit aufnehmen. Damit tragen sie noch mehr entscheidend zum dringend benötigten Wirtschaftsaufschwung bei, können ihre eigene wirtschaftliche Unabhängigkeit sichern und tragen zur Verringerung von Armut, vor allem auch Kinderarmut bei. Was es braucht sind die nötigen Investitionsschwerpunkte im Budget um das zu ermöglichen.
„Leistung muss sich lohnen“, so der Bundeskanzler. Ja genau, da stimmen wir zu. Aber das ist eben nicht der Fall! Leistung lohnt sich für die Elementarpädagogin, die Pflegerin, die 24h-Betreuerin, die Freizeitpädagogin, die Sozialarbeiterin, die Haushaltsmanagerin, die Alleinerzieherin … eben nicht! Bezahlung, Wertschätzung, Arbeitsbedingungen all dieser Höchstleister*innen stehen aktuell in keinem Verhältnis zur erbrachten Leistung und Belastung und schon überhaupt nicht im Verhältnis zum Wert dieser Arbeit für die Gesellschaft. Denn: ohne Care steht alles still!
2. Dem Wirtschaftsabschwung gezielt und wirkungsvoll durch eine Care-Investitionsoffensive in Bildung, Pflege und Geschlechtergerechtigkeit entgegensteuern
Gerade jetzt sind wir mitten in einem Wirtschaftsabschwung. Österreich hat im EU-Vergleich derzeit den zweitgrößten Rückgang der Wirtschaftsleistung. Da gilt es, der Rezession mit gezielten Maßnahmen entgegenzusteuern. Die besten und wirksamsten Maßnahmen sind Investitionen in Care Bereiche. Wir wissen, dass Investitionen in Care die Wirtschaft viel mehr ankurbeln, als Investitionen in Straßen oder andere Bauvorhaben. Nutzen Sie die Chance, jetzt die richtigen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen zu setzen:
- Investitionsoffensive in Elementarbildung/Kindergärten und Schulen
- Investitionsoffensive in Pflegeinfrastrukturen in allen Gemeinden
- Einkommen der Leistungsträger*innen, vor allem Frauen, erhöhen, d.h. u.a. der Elementarpädagog*innen, der Menschen in der Pflege
- Fairness für alle Kinder und Kinderarmut beenden
- Investitionsoffensive in Care-Ausbildung (statt Dequalifizierung und Import „billiger Arbeitskräfte“) & fairer Verdienst während der Ausbildung
- Investitionen in echten Gewaltschutz
Diese Investitionen haben hohe positive wirtschaftspolitische Wirkungen, sie führen – mehr als andere Investitionen – zu mehr Beschäftigung: Studien im europäischen Vergleich zeigen mehr als doppelt so hohe Beschäftigungswirkungen wie Investitionen im Bau, Wirtschaftswachstum, Wertschöpfung in Österreich (z.B. 2 Mrd. Investitionen in Pflege bringen rund 3,3 Mrd. österreichische Wertschöpfung) und hohen Rückflüssen an den Staat in Form von Steuern und Sozialabgaben. 70% der Investitionen fließen an die öffentliche Hand zurück: so viel wie in keinem anderen Bereich!
Eine Care-Investitionsoffensive: Das ist die vorausschauende und vernünftige Budgetpolitik, die es jetzt braucht! Zukunftsreich klimafreundlich investieren hießt in Elementarbildung, Pflege, Bildung, Gesundheit und Gewaltschutz investieren!
3. Investitionsoffensive für Elementarbildung/Kindergärten und Schulen
Es braucht 2 Mrd. Euro Investitionen pro Jahr in Elementarbildung, bis die flächendeckende Ganztagskinderbetreuung mit einem gutem Betreuungsschlüssel umgesetzt ist. In Kindergärten als Bildungsort müssen mindestens zwei Pädagog*innen für max. 15 Kinder da sein.
- Die Finanzierung kann über einen deutlich verbesserten Finanzausgleich und über direkte Investitionsförderung des Bundes erfolgen.
- Gleichzeitig sind bundesweite Standards in der Elementarbildung sicherstellen
Regierung macht halbherzige Ankündigungen, aber das Geld wurde nicht einmal dafür gesichert. Die Finanzausgleichseinigung bringt zu spät zu wenig und bleibt in wichtigen Teilen noch offen und sehr vage.
Wenn endlich gute Arbeitsbedingungen umgesetzt werden, werden auch mehr Pädagog*innen bereit sein, wieder in dem Bereich zu arbeiten. Es gibt genug ausgebildete Elementarpädagog:innen für die besten Bedingungen. Schon jetzt gibt es nicht in jeder Gruppe in Österreich eine Pädagog*in. Die Realität verlangt massiv bessere Rahmenbedingungen plus starken Gehaltsanstiegen. Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter:innen der Elementaren Bildungseinrichtungen und die Bildungsbedingungen der Kinder müssen dem Budget viel mehr wert sein. Dann haben alle etwas davon.
Die Gruppen und Klassen werden immer größer, die Herausforderungen und oft unnötigen Verwaltungsaufgaben immer mehr. Bildung ist Beziehungsarbeit und braucht Kontinuität! Pädagog*innen sind keine Regale, die vom einen in den anderen Raum gestellt werden können. Das macht die Beziehungsarbeit kaputt, ist für die Kinder und Jugendlichen schlecht und laugt die Pädagog*innen aus. Kein Wunder, dass die Burnoutquote unter Pädagog*innen eine der höchsten ist.
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich für Care-Berufe! Wir fordern 2000 Euro (netto) (kollektivvertraglichen) Mindestlohn für Care-Arbeit bei 30 Stunden Arbeitszeit. Die Produktivität pro Arbeitsstunde hat sich seit Mitte der 1970er Jahre verdoppelt. Auch in Dienstleistungsberufen, wie etwa in der Pflege, haben Arbeitsverdichtung und Zeitdruck enorm zugenommen. Aber an der gesetzlichen Normalarbeitszeit hat sich seit fast 50 Jahren nichts verändert. Jetzt ist aus vielen Gründen der beste Zeitpunkt für Arbeitszeitverkürzung.
Was auf den ersten Blick angesichts der Personalknappheit paradox erscheinen mag, ist ein ganz wichtiger Pfeiler um die Personalnot nachhaltig zu beheben: die Arbeitsbelastung in Care Berufen, allen voran in der Pflege, Betreuung und in der Elementarbildung ist derzeit so hoch, dass zunehmend mehr Menschen den Beruf verlassen. Gute Arbeitsqualität und angemessene Arbeitszeiten werden viele Menschen motivieren, in den Beruf zurückzukehren.
4. Ausbildungsoffensive für hoch qualifiziertes Pflegepersonal jetzt
Zu viele Menschen, die eine hochqualifizierte Ausbildung in der Pflege beginnen wollen, werden mangels Ausbildungsplätzen abgewiesen. Das ist angesichts der Personalengpässe verantwortungslos und ein Skandal. Allein im Jahr 2023 wurden an österreichischen Fachhochschulen im Gesundheits- und Krankenpflege-Studium 1531 Studienwillige abgewiesen, weil es keine Studienplätze gibt. Ein weiterer Skandal ist, dass dieser Bereich die einzige Studienrichtung and Fachhochschulen ist, die von den Ländern finanziert wird. Im entsprechenden Entwicklungsplan heißt es dazu lapidar: „Eine Förderung für diese Ausbildungsbereiche seitens des Bundes ist auch weiterhin nicht vorgesehen.“
Die Bundesregierung scheint den Personalengpässen primär mit Dequalifizierungsstrategien entgegentreten zu wollen. Anstatt ausreichend Ausbildungsplätze in höchster Qualität sicherzustellen, wird die Pflegelehre eingeführt, bei der 15-jährige Jugendliche in Pflegeheimen eingesetzt werden. Es geht offenbar drum, billige, willfährige Pflegende zu produzieren statt in eine hochqualifizierte Ausbildung zu investieren.
Anreize für hochwertige Ausbildung schaffen und Gerechtigkeit sicherstellen: Pflege ist ein extrem wichtiger Beruf in unserer Gesellschaft, ebenso wie die Polizei. In beiden Berufen gibt es zu wenig Personal. Und da stellt sich die Frage, wie damit umgegangen wird. Während Auszubildende in der Pflege seit kurzem 600 Euro pro Monat bekommen, sind es für Polizeischüler*innen im Schnitt knapp 2400 Euro pro Monat während der Ausbildung – viermal (!) so viel für Menschen die eine Pflegeausbildung machen. (Der Unterschied im Vergleich zu Berufswechselnden die 1.400 in der Pflegeausbildung bekommen ist noch immer 70%.) – Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in die Höhe jagt. Polizeischüler*innen werden zusätzlich mit bezahlter Führerscheinausbildung und Klimaticket beglückt, Pflegende bekommen nichts davon. Das widerspricht eklatant dem Verfassungsauftrag dass mit dem Budget die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben ist (Art. 13(3) B-VG).
Schaffen Sie konkret Gerechtigkeit, werte Abgeordnete, indem beide Berufsgruppen gleich viel Bezahlung während der Ausbildung bekommen. Sehr geehrte Abgeordnete, sie können jetzt beschließen, dass alle Auszubildenden in der Pflege und in der Elementarpädagogik 2400 Euro pro Monat bekommen (plus Führerschein, plus Klimaticket). Das bedeutet Gerechtigkeit, das bedeutet, dass sich mehr Menschen dafür entscheiden werden. – Das allein ist natürlich nicht genug. Aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Leistungsträger*innnen und ihre Arbeit anerkennen! Und das ist auch gerade jetzt in der Rezession wichtig, denn damit schaffen Sie eine Steigerung der dringend benötigten Nachfrage, da die Konsumquote in dieser Gruppe besonders hoch ist.
Diese eklatanten Einkommensunterschiede setzen sich im Beruf fort: das Einstiegsgehalt einer Einstiegsgehalt einer Diplomierten Pflegeperson beträgt 3300 brutto, die Polizei wirbt mit 4.300 Euro zu Beginn der Karriere. Während eine Leitung in der Pflege maximal 5800 Euro vor der Pension verdient, bekommt man bei der Polizei in der niedrigsten (!) Verwendungsstufe am Ende der Karriere rund 6000 Euro.
5. Investitionen in Mobile Pflege und Pflegeinfrastrukturen – Tatsächliche Entlastung der betreuenden Angehörigen
Das System der Pflege in Österreich wird von pflegenden Angehörigen getragen, mehrheitlich Frauen leisten hier Unglaubliches, um Menschen in schwierigen Situationen der Hilfsbedürftigkeit zu begleiten und zu pflegen. Betreuung und Pflege ist eine öffentliche Aufgabe – sie darf nicht in Haushalte abgeschoben werden; das ist bequem, aber bitte, putzen Sie sich nicht weiter an den über 800.000 pflegenden Angehörigen – 70% davon Frauen – ab.
Eine Investitionsoffensive in die Pflegeunterstützung und ausreichend Pflegeinfrastruktur ist dringend nötig. In jeder Gemeinde braucht es ausreichend öffentliche Pflegeplätze, ausreichend mobile Unterstützung in Pflege und Betreuung und Tagespflegestätten. Das Recht auf einen guten Pflegeplatz muss für alle gelten, nicht nur für jene, die eine dicke Brieftasche haben.
Diese Maßnahmen kurbeln die Wirtschaft besonders stark an. Fördern Wertschöpfung, Wohlstand und Einkommen. Und ermöglichen es Frauen, tatsächlich auch mehr bezahlte Arbeit aufzunehmen und so ihre finanzielle Eigenständigkeit zu sichern.
Eine Investitionsoffensive in stationäre und mobile Pflege und Pflegeinfrastruktur ist gerade jetzt ein wichtiger Teil verantwortungsbewusster Budgetpolitik. Beschließen Sie 2 Mrd. Euro jährlich an zusätzlichen Investitionen in der Pflege aus dem Bundesbudget bis die Engpässe nachhaltig überwunden sind. Das ist zukunftsorientierte Budget- und Wirtschaftspolitik.
6. Ausgleich für die am stärksten von der Teuerung Betroffenen & Armut, vor allem Kinderarmut, abschaffen
Die Teuerung trifft Frauen besonders hart, insbesondere, aber nicht nur Frauen in Altersarmut und Alleinerziehende. Frauen müssen einen größeren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel, Wohnen, Gesundheit und Mobilität ausgeben. In all den Bereichen sind die Preissteigerungen hoch. Die Armutsbetroffenheit von Frauen droht weiter zu steigen.
Sie, werte Abgeordnete, haben es in der Hand, die Armut von Frauen und Kindern entscheidend zu verringern. Der rasche Ausbau der Care-Grundversorgung und die kostenlose Bereitstellung von Pflege, Kinderbetreuung/-bildung und allen Gesundheitsleistungen gehört dazu.
Die Erhöhung der Entlohnung für Care-Berufe gehört selbstverständlich dazu.
Altersarmut von Frauen drastisch senken: Die Altersarmut von Frauen, die ein Leben lang – bezahlt und unbezahlt – mehr als alle anderen gearbeitet haben, ist eine Schande für Österreich. Die Armutsgefährdung von Frauen ist seit 2016 stark gestiegen (von 14% 2016 auf 18% 2022), ein Fünftel der Pensionistinnen ist armutsgefährdet, ein neuer Höchststand der letzten 10 Jahre. Daher: Pensionsanrechnungszeiten für Kinderbetreuung und die Beitragsgrundlage für diese Zeiten verdoppeln. Regelungen soll es auch für Pflegezeiten geben. Erhöhung des Ausgleichzulagenrichtsatzes – also das, was meist als Mindestpension verstanden wird – auf über die Armutsgefährungsschwelle.
Im reichen Österreich braucht und darf niemand arm gelassen werden: Eine Mindestsicherung über der Armutsgefährdungsschwelle sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Sozialhilfe Richtsätze jetzt anheben!
Kinderarmut abschaffen: Kinderarmut nicht abzuschaffen, ist eine politische Entscheidung. Zu lange halten Regierungen in unserem reichen Land Kinder in Armut und schwächen damit nicht nur Generationen von Menschen, sondern enthalten uns allen auch eine bessere Zukunft vor.
Sie haben es in der Hand. Die Verantwortung liegt bei Ihnen als Abgeordnete und bei der Regierung. Heute ist der internationale Tag gegen Armut. Ein Tag, um alle an die österreichische, politikgemachte Schande zu erinnern: 353.000 Kinder, insgesamt 1,55 Millionen Menschen in Österreich sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Eine Schande für das reiche Land Österreich! Die bereits genannten Investitionsmaßnahmen tragen dazu bei, allen Kindern die gleichen Chancen zu geben. Wir wissen, wie wichtig die Elementarbildung, die Bildungschancen der Kinder dabei sind. Diese institutionellen Änderungen schaffen Zukunft für alle.
Gleichzeitig gibt es aber eine Fülle weiterer Maßnahmen, die sie jetzt unmittelbar beschließen können:
Umwandlung des extrem ungerechten Familienbonus, von dem besserverdienende Männer profitieren. Frauen profitieren in weitaus geringerem Ausmaß. Kinder werden ungleich behandelt. Umwandlung in eine Erhöhung der Familienbeihilfe für alle Kinder (Erhöhung um mindestens 1100,- Euro pro Jahr und Kind). Das ist gerecht. Mindestsicherung über der Armutsgefährdungsschwelle. Umsetzung der lang überfälligen staatlichen Unterhaltsgarantie orientiert am Regelbedarf, wie er in der Kinderkostenanalyse der Statistik Austria erhoben wird. Sie können sofort aktiv werden, werte Abgeordnete.
7. Gewalt an Frauen wirksam verringern
Die Gewalt an Frauen in Österreich ist erschreckend hoch. Und noch immer wird nicht ausreichend getan um gegenzusteuern. Noch immer warten wir auf ausreichende Investitionen in Gewaltschutz, auf ausreichende Förderung der zivilgesellschaftlichen Initiativen die sich um Gewaltschutz und Betreuung von von Gewalt betroffenen Frauen bemühen.
Es braucht mindestens 250 Mio. Euro an Budget für Gleichstellung und Gewaltschutz, das vor allem auch für zivilgesellschaftliche Initiativen zur Verfügung stehen. Das Budget der Frauenministerin wurde im letzten Jahr zwar auf rund 24 Mio. Euro erhöht. Allerdings ist das einerseits viel zu wenig. Und andererseits fließen die Gelder intransparent. Der Rechnungshof kritisiert die Frauenministerin für die fehlende Gesamtstrategie im Bereich Gewalt- und Opferschutz für Frauen und fordert nachhaltig wirksame Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen.
Ausreichend Mittel für Frauenpolitik und Gewaltschutz ist – falls Ihnen der Gewaltschutz von Frauen nicht ausreichend Argument ist – nebenbei bemerkt, auch Teil einer guten vorausschauenden Wirtschaftspolitik. Die menschlichen Verluste und Folgekosten für Frauen, Kinder und Familien sind enorm, ebenso die volkswirtschaftlichen Folgekosten durch Gewalt an Frauen. Es gibt zu den ökonomischen Kosten der Gewalt an Frauen keine aktuelle Studie in Österreich. Berechnungen des Europäischen Instituts für Gleichstellung schätzten die jährlichen entstehenden Kosten durch Gewalt an Frauen in Österreich auf 5,8 Mrd. Euro jährlich (bezogen auf 2019). Wirtschaftliche Kosten und persönliche Schicksale, die durch entschiedenes Handeln und ausreichende Mittel vermieden werden können.
8. Investitionen in Friedenspolitik statt Verschwendung bei Waffen und Panzern
Die letzten Jahre zeigen eine unverantwortliche Steigerung des Budgets für Aufrüstung. Und damit verbundene Verschwendung der Gelder. Was ist gerade jetzt braucht, sind Investitionen in Friedenspolitik und nicht in Aufrüstung und überteuerte Kasernen
Während in der Kinderbetreuung Österreich mit 0,7% des BIP (Bruttoinlandsproduktes) eine schlechte Bilanz aufweist, wird das Militärbudget bis 2026 auf 1 Prozent des BIP gesteigert und soll darüber hinaus weiter auf 1,5 % des BIP wachsen. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass bei der Waffenbeschaffung Korruption blüht (Stichwort Abfangjäger) und sehen auch jetzt, dass Geld im Überfluss zu Verschwendung führt (die Ausgaben für die Großkaserne Villach explodieren, die Baukosten sind jetzt schon mehr als doppelt so hoch als geplant). Bundesheersprecher Bauer begründet das auch damit, dass einfach mehr Geld zur Verfügung sei. Mehr Investitionen in Kinder, Friedensarbeit und Armutsbekämpfung führen zu Wohlstand, Frieden und einer gerechten Gesellschaft. Daher: „Mehr Geld für Care statt Verschwendung beim Heer!“
Und: zumindest 500 Millionen Euro des Budgets für das Bundesheer sollten für die Förderung von Friedensarbeit – insbesondere unabhängige Friedensarbeit in Wissenschaft und Zivilgesellschaft – gewidmet werden. Denn angesichts der weltweiten Konflikte ist die Friedensarbeit wichtiger denn je, auch in Österreich.
9. Geld ist in Fülle da: faire Besteuerung
Die Geschenke für Konzerne sind abenteuerlich und gefährden den Wohlstand in unserem Land. Alleine die beschlossenen Senkungen der Steuern auf Unternehmensprofite (von 25 auf 23%) kosten uns mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Das fehlt für die dringend nötigen Investitionen. Profiteure sind die 3% der Konzerne, die mehr als eine Million Profite machen. Offenbar die Freunde des Finanzministers und des Kanzlers. Wogegen die Millionen Menschen mit fehlenden Investitionsgeldern bestraft werden.
Die Steuersenkungen für Unternehmen und hohe Einkommen sollen angeblich die Wirtschaft fördern. Das Gegenteil ist der Fall, je mehr in die Taschen der Konzerne und Reichen geht, desto schlechter geht’s unserer Wirtschaft, desto schlechter geht’s uns allen.
Allein mit der Rücknahme der Unternehmensbesteuerung wäre eine Milliarde Euro jährlich für das vorgeschlagene Investitionsprogramm zu holen. Viel mehr noch bei der Einführung progressiver Unternehmensgewinnbesteuerung, die – je nach Tarif – rund 3 Mrd. Euro jährlich einbringen und gleichzeitig kleinere Unternehmen entlasten könnte.
Die Einführung einer Milionärs-Vermögenssteuer und einer Millionärs-Erbschaftssteuer ist ein Gebot sinnvoller und wirkungsvoller Wirtschaftspolitik. Die extreme Ungleichverteilung und auch im OECD Vergleich beschämend geringe Besteuerung von Vermögen richten großen Schaden an Umwelt und Menschen an. Eine Erhöhung des Anteils vermögensbezogener Steuern am BIP auf den ohnehin geringen OECD Durchschnitt würde rund 6 Mrd. Euro jährlich einbringen.
10. Mitgestaltung und Mitbestimmung der Leistungsträger*innen sicherstellen
Es braucht eine demokratische Gestaltung in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen. Verbindliche Anhörungen von Care-Initiativen und Care-Berufsgruppen im Parlament während der Budgetdebatten sind ein erster Schritt, den Sie, werte Abgeordnete schon morgen setzen können. Es ist höchst an der Zeit, den Care-Arbeitenden und Care-Empfangenden in allen Arbeits- und Lebensbereichen verbindliche Mitsprache und Mitgestaltungsrechte zu geben.
Um den Abgeordneten zu helfen, den Fokus auf die Care-Krise zu lenken, wird das Bündnis fairsorgen! nachdem alle Budgetunterlagen vorgelegt werden einen kritischen Fragekatalog vorlegen.