Eine kurze Einführung in den Zusammenhang von Männlichkeit und Care-Arbeit
Gastbeitrag von Elli Scambor
Die Soziologin und Pädagogin Elli Scambor beschäftigt sich mit Geschlechter- und kritischer Männlichkeitsforschung und lehrt an verschiedenen Universitäten. Für die für den Herbst 2024 geplante Tagung von FAIRsorgen! in Graz hat sie einen Text vorbereitet. Nachdem die Tagung leider abgesagt werden musste, veröffentlichen wir den Text mit ihrer Zustimmung auf unserer Webseite als pdf zum Download und bieten hier eine kurze Zusammenfassung
Männlichkeit wird von uns allen gemacht
Scambors Text handelt vom Zusammenhang von Männlichkeit und Carearbeit. Männlichkeit, sagt sie, habe nichts mit Männern zu tun, es sei vielmehr etwas, „an dem wir alle, also alle Geschlechter, mitarbeiten; es ist eine soziale Praxis, die mit Anforderungen verbunden ist, gleichzeitig ein Platz im Geschlechterverhältnis, wobei dieser Platz mit weitreichenden Folgen verbunden ist.“ Diese Folgen zeigten sich etwa im Gender Pay Gap, im Gender Pension Gap und Gender Care Gap.
In den letzten Jahre gebe es aber positive Veränderungen. Mehrere Initiativen von Männern ermutigen diese, sich an Care-Tätigkeiten zu beteiligen und es bringen sich auch immer mehr Männer in die Diskussionen zu Care ein (entspechende Links am Ende das Beitrags).
Im nächsten Schritt definiert sie das Arbeitskonzept „Caring Masculinities“: „Unter Caring Masculinities verstehen wir eine Art friedvoller und beziehungsorientierter Männlichkeit, die sich von tradierten Männerbildern unterscheidet: etwa von einer starken Orientierung an Erwerbsarbeit, Macht und Dominanz.“
Sorgende Männer leben besser
Das Konzept beruft sich auf ein Verständnis von Care, das die Sorge um sich selbst, um andere Menschen und um die Umwelt, sowie für soziale Beziehungen umfasst. Care wird als Grundlage für jegliche soziale und wirtschaftliche Zusammenarbeit gesehen, die alle Geschlechter betrifft.
Schließlich geht sie auf die Frage ein, warum Männer Sorgetätigkeiten übernehmen sollten und welchen Vorteil auch sie davon haben könnten. Ihre Antwort: Studien haben gezeigt, dass die Beziehungsqualität und die Gesundheit von Männern besser ist, die sich an Carearbeit beteiligen und die Gewalt in den Familien zurück geht. Das dem traditionellen Männlichkeitsbild entsprechende Verhalten sei auch für Männer nachteilig. Würden mehr Männer mehr Sorgearbeit übernehmen, hätte das auch Auswirkungen über die Familien hinaus. Arbeitgeber*innen müssten sich schließlich darauf einstellen, dass auch Männer Sorgepflichten haben, und dementsprechend könnte sich die Diskrimnierung von Frauen in der Erwerbsarbeit reduzieren.
Rahmenbedingungen für Caring Masculinities
Der Text schließt mit Vorschlägen, wie Caring Masculinities durch politische Rahmenbedingungen gefördert werden können. Dazu gehören etwa Karenzmodelle, bei denen die volle Zeit nur ausgenützt werden kann, wenn beide Elternteile sie in Anspruch nehmen, oder für die Zeit danach kostengünstiger Zugang zu qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen. Eine Arbeitszeitverkürzung wäre ebenso hilfreich wie Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit in Unternehmen. Außerdem sollte das Konzept von Caring Masculinities bereits ins Bildungssystem integriert werden.
Der ganze Text kann hier heruntergeladen werden (pdf).
Links: