Redebeitrag von Andrea Diawara zum 3. Mehr für Care! Aktionstag am 20. Mai 2022
Mein Name ist Andrea Diawara und ich bin Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin. In den letzten beiden Jahren hat sich sehr viel getan hat für die Pflege. Durch die Corona Pandemie bekam das Pflegepersonal plötzlich sehr viel Aufmerksamkeit und unsere Arbeit endlich Anerkennung in der Gesellschaft. Leider berichten die Medien immer nur von erschöpftem und ausgebranntem Pflegepersonal, was nicht gerade förderlich ist, um Nachwuchs für diesen Beruf zu bekommen. Ich kann es schon nicht mehr hören!! Wichtiger wäre es, wenn die Medien über die Professionalität des Personals berichten würden, denn ohne die wäre das alles nicht zu schaffen, auch wichtig zu berichten wäre es über die Auswirkungen dieses Personalmangels und was das für die Menschen, für jeden und jede einzelne von uns bedeutet: Stationen müssen sperren, OPs verschoben werden und in vielen Pflegeeinrichtungen ist eine Pflegekraft für 40 zu Pflegende in der Nacht verantwortlich.
Aber jetzt endlich hat die Politik verstanden und es gibt die dringend benötigte Pflegereform für 1 Milliarde. Mehr Geld und Erholung fürs Personal ist gut und lange schon notwendig. Dass in die Ausbildung investiert wird und zwar in die Erstausbildung und auch in die von Berufsumsteiger*innen ist gut, nur muss jetzt eine Offensive gestartet werden um genug Menschen für diesen Beruf zu begeistern, mit Bildern von erschöpftem Pflegepersonal und schwachsinniger Werbung wird das nicht funktionieren. Auf die Pflegelehre möchte ich nicht näher eingehen, denn wünschenwerter wäre ein durchgängiges Ausbildungssystem bis zum Studium an der Fachhochschule. Derzeit besteht leider immer noch die Hürde (bis auf einige Ausnahmen) eine Studienberechtigungsprüfung absolvieren zu müssen. Die Kompetenzerweiterung für PA und PFA wird für die Praxis sicher Erleichterungen bringen, wird aber hoffentlich auch in der Ausbildung entsprechend erweitert, denn die übertragene Verantwortung kann keine Einbahnstraße sein und muss mit einer vorangegengenen Qualifizierung einhergehen, denn immer mehr Kompetenz in immer kürzerer Ausbildungszeit führt zu Überlastung und Berufsausstieg.
Erleichterungen, die es für die pflegenden Angehörigen, gibt und die so wichtig sind, auf die wird Birgit Meinhart Schiebel (IG Pflegende Angehörige) eingehen.
Auf die 24h Stunden Betreuerinnen wird leider wenig eingegangen, ich hoffe, dass die Verbesserungen, die erarbeitet werden sollen, echte Verbesserungen sind, denn ich habe höchsten Respekt vor jeder einzelnen 24h Betreuerin, denn das ist Schwerstarbeit.
Apropos Schwerstarbeit: Was leider gar nicht in der Pflegereform enthalten ist, ist eine Stundenreduktion auf wenigstens 35 Wochenstunden als Normalarbeitszeit. 40 Wochenstunden, mehr als 40 Jahre bei bei kranken, schwerkranken und sterbenden Menschen zu arbeiten, ist nicht nur physisch sondern auch psychisch fast nicht zu schaffen und zeigt sich daran, dass nur sehr wenige Pflegepersonen das volle Pensionsalter erreichen. Ich hoffe, dass die Pflegereform sich auch dieser Punkte noch annehmen wird, denn die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung und Schwerarbeiterregelung für alle Pfleger*innen gibt schon lange von vielen Seiten
Aber jetzt hat die Politik mal einen ersten Schritt getan, nun liegt es aber auch an der Gesellschaft den Wert von Pflege zu verstehen und zu würdigen. Ermutigen wir unsere Jugend diesen so wichtigen Beruf zu ergreifen, der in jeder, einzelnen noch so einfachen Handlung, große Wirkung vollbringt.
Fotocredit: Bettina Frenzel